Ein weiterer Ausflug führte mich ins Flagler Museum

Henry Morrison Flagler ist eine jener beeindruckenden Persönlichkeiten, die den amerikanischen Traum in seiner klassischen Form verkörpern. Geboren 1830 in einfachen Verhältnissen in Hopewell, Ohio, verliess er seine Familie bereits mit 14 Jahren, um sein Glück in der Welt zu suchen. Er arbeitete zunächst als Laufbursche und Lagerarbeiter, bevor er sich mit Ehrgeiz, Weitblick und unternehmerischem Talent Schritt für Schritt hocharbeitete.
Er betrieb unter anderem eine Salzmine und war an verschiedenen Geschäften beteiligt – nicht immer erfolgreich, doch auch Rückschläge warfen ihn nicht dauerhaft zurück.
Seinen großen Durchbruch erzielte Flagler als Mitbegründer der Standard Oil Company gemeinsam mit John D. Rockefeller. Er war nicht nur Finanzier, sondern auch strategischer Kopf des Unternehmens und prägte maßgeblich dessen Struktur – bis heute gilt er als Mitbegründer der modernen Konzernorganisation.
Mit dem daraus erworbenen Vermögen wandte er sich einem neuen Ziel zu: dem weitgehend unerschlossenen Florida. Ein Auslöser dafür war die Erkrankung seiner ersten Frau, der ein milder Winter in Florida empfohlen wurde – vermutlich litt sie an Tuberkulose und starb dort. Doch Flagler hatte ein neues Betätigungsfeld gefunden.
Ab den 1880er-Jahren begann er mit dem Bau der Florida East Coast Railway – einer Eisenbahnlinie entlang der Atlantikküste, die nicht nur neue Orte erschloss, sondern gleich ganze Städte entstehen ließ. St. Augustine, Palm Beach und Miami verdanken ihre Entwicklung massgeblich seinen Investitionen. Entlang der Strecke errichtete Flagler zudem prachtvolle Hotels, die für die damalige Zeit aussergewöhnlich modern und luxuriös waren.
Als Bauherr und Mäzen hinterliess er weitere Spuren – besonders mit Whitehall, seinem Winteranwesen in Palm Beach. Das 75-Zimmer-Haus war ein Geschenk an seine dritte Frau Mary Lily Kenan und ein Ausdruck des Zeitgeists: repräsentativ, grosszügig, kunstvoll – und durchdrungen vom Selbstbewusstsein eines Mannes, der sich seinen Erfolg selbst erarbeitet hatte.
Flaglers Lebensgeschichte ist mehr als die eines erfolgreichen Unternehmers. Sie ist die Geschichte eines Pioniers, der Visionen hatte, an den Fortschritt glaubte und die amerikanische Ostküste maßgeblich mitgestaltete.
Im Frühjahr 1913 stürzte Flagler schwer eine Marmortreppe in seinem Haus hinunter. Er erlitt vermutlich ein Schädel-Hirn-Trauma, von dem er sich nie wieder erholte. Wochenlang bettlägerig, verstarb er schliesslich an den Komplikationen des Sturzes – im selben Haus, das heute sein Vermächtnis bewahrt.
Der Besuch des Flagler Museums ist unbedingt empfehlenswert – nicht nur wegen der prachtvollen Architektur, sondern auch als lebendige Erinnerung an ein aussergewöhnliches Kapitel amerikanischer Geschichte.